
Presse – Nach Baupause: Dorfmuseum in Merxhausen öffnet wieder
Zwischen Wäschestampfer und Wurstfüller
Dorfmuseum in Merxhausen öffnet am Sonntag nach zweijähriger Bauphase seine Pforten
HNA 21.05.2025 (Exterrner Link)
Merxhausen – Auf diesen Tag haben Ernst Rogge und seine Mitstreiter seit gut zwei Jahren hingearbeitet, haben sich jeden Mittwoch und Samstag getroffen und rangeklotzt. Was die Rentnergruppe in dieser Zeit im Untergeschoss des früheren Gutshof-Gebäudes in Merxhausen geleistet hat, kann sich sehen lassen. Das neue Dorfmuseum ist ein Schmuckstück geworden, davon kann sich jeder, der mag, am kommenden Samstag, 24. Mai, ab 15 Uhr überzeugen. Dann nämlich wird die Ausstellung, die beispielhaft zeigt, wie die Menschen in den Dörfern Sand, Merxhausen, Balhorn und Riede im vergangenen Jahrhundert lebten, eröffnet.
Hier unten war alles zu. Hier ist man kaum noch durchgekommen.
Ernst Rogge Museumsleiter
Es sind Dinge aus dem Alltag, die ausgestellt sind, Gegenstände, die vor dem Verlust bewahrt wurden und nun einen Einblick in eine Welt geben, die weit entfernt vom Komfort der heutigen Zeit ist. Landwirtschaft, Handwerk, Schule, Haushalt sind die Kernthemen, aber auch der Feuerwehr ist ein Kapitel gewidmet. An diesem Vormittag, kurz vor der Eröffnung, werden noch erklärende Schilder zu den Exponaten gestellt, auch die Beleuchtung, die von der Kurt-Lange-Stiftung dem Museum spendiert wurde und deren Scheinwerfer die einzelnen Abteilungen auf der knapp 400 Quadratmeter großen Fläche ins rechte Licht rücken werden, wartet noch auf die Feinjustierung. „Am Sonntag wird es immer noch ein paar Kleinigkeiten geben, die noch nicht ganz fertig sind“, sagt Museumsleiter Ernst Rogge, der in den vergangenen beiden Jahren auch dank seiner handwerklichen Fähigkeiten die treibende Kraft bei der Runderneuerung der Museumsräume war. Eckhard Bräutigam, auch einer aus der zu Beginn noch fünfköpfigen und inzwischen auf drei Kräfte geschrumpften Gruppe, nennt Rogge den Polier, den Vorarbeiter, der für technische Probleme immer eine Lösung parat hatte und die Arbeiten koordinierte.
Gut 300 Quadratmeter Fläche hatte die heimatkundliche Abteilung hier unten im früheren Stallbereich des zur Merxhäuser Klinik gehörenden Guthofgebäudes, die einst Ursprung des Klostermuseums war. Im angrenzenden Pferdestall war die Decke baufällig, sodass der Bereich von der Bauaufsicht gesperrt wurde. Vitos als Eigentümer erneuerte die Decke, die 100 Quadratmeter große Stallfläche bekam das Museum als Erweiterungsfläche und mit ihr eine uralte Sandsteinmauer, exakt 94 Zentimeter dick, die, da haben Rogge und sein Team keine Zweifel, noch Teil der früheren Klosteranlage ist. Die wuchtigen Quader galt es ganz zu Anfang mit Hammer und Meißel freizulegen und mit der Flex und Drahtbürsten von Putz und Farbresten zu befreien. Und dabei habe man so manche Portion Dreck geschluckt. Abschrecken lassen haben sich die Museumsgestalter dadurch keinesfalls. Schließlich hatte man ein klares Ziel. Und um das zu erreichen, musste erstmal aufgeräumt werden.
„Hier unten war alles zu“, sagt Rogge. „Hier ist man kaum noch durchgekommen.“ Alles war voll mit Dingen aus der Vergangenheit, gesichert, aber eben so nicht präsentabel. Also galt es „auszumisten“, wie Rogge es nennt, mehrfach vorhandene Exponate wurden zahlenmäßig deutlich reduziert, die überschüssigen Teile im Depot auf dem Dachboden verstaut. Dann ging es im deutlich luftigeren Ambiente darum, den Raum aufzuteilen, mit Trennwänden Ausstellungsboxen zu schaffen, die einzelnen Handwerksberufen zugeordnet wurden: vom Hausschlachter samt Wurstfüller über Zimmermann, Schuster, Stellmacher bis zum Friseur. An anderer Stelle wurde häusliches Leben thematisch aufbereitet. Küche, gute Stube, Waschküche mit der damals üblichen Ausstattung wurden zusammengestellt. Auch für einen Klassenraum der alten Dorfschule fand man Platz.
Und dann ist da noch die Abteilung für die Feuerwehr. Hier steht die alte Spritze der Sander Brandschützer aus dem Jahr 1934. Die Spritze, wissen Rogge und Bräutigam zu berichten, wurde nach der verheerenden Bombennacht im Oktober 1943, in der das alte Kassel in einem Flammeninferno unterging, zur Unterstützung der Löscharbeiten nach Kassel geschafft.
„Jetzt kommt etwas Ruhe rein“, sagt Eckhard Bräutigam. Das Wesentliche sei geschafft, man könne endlich die über Jahre zusammengetragenen Gegenstände, die einen Eindruck vermitteln, wie sich der Alltag seinerzeit abspielte, der Öffentlichkeit in ansprechender Weise präsentieren. Schon für den Premierentag hoffe man auf viele Besucher, gerne auch solche, die vielleicht zu dem einen oder anderen Ausstellungsstück
noch etwas zu erzählen wissen oder noch alte Fotos besitzen, mit denen man die dargestellten Handwerke noch um eine Originalansicht ergänzen könne.
Am Sonntag, 25. Mai, öffnet um 14 Uhr das komplette Museum: das neue
Dorfmuseum und die darüber liegende Abteilung des Klostermuseums mit der
Dauerausstellung „Lebensbilder – Leidensbilder – Frauenbilder“.
NORBERT MÜLLER